Gespräch mit Reiner Eid, dem Inhaber der Hammerschmiede Eid in Niederbayern


Für bildhau produziert die Hammerschmiede Eid die verschiedensten Steinbildhauer-Meißel aus Schmiedestahl, die unter dem Label KAPRA vertrieben werden.

Was stellt ihr genau her?

Im Steinmetz- und Bildhauerbereich machen wir Stahlwerkzeuge für mittelhartes und weiches Gestein, vom Marmor runter bis zum gelben Sandstein, Muschelkalk und so weiter. Manchmal schmieden wir auch Eisen für Hartgestein wie Granit, wenn ein Steinmetz sich gar nicht mit Hartmetallwerkzeugen anfreunden kann. Die Werkzeuge sind aus besonderem Stahl und in einer sehr kleinen Stückzahl, ganz darauf abgestimmt, was der Kunde braucht. Außerdem produzieren wir ein paar Spezialwerkzeuge für den Instrumentenbau. Im Handwerksbereich mache ich noch Spannwerkzeuge. Und wir schmieden sämtliche Werkzeuge nach, egal von welcher Stahlqualität, vom feinsten Meißel bis hin zu großen Eisen, die im Straßenbau eingesetzt werden.

Was ist das Besondere an euren handgeschmiedeten Werkzeugen?

Unsere Werkzeuge sind fein, filigran, daran erkennt man sie und dafür werden sie geschätzt. Sie haben dünne Schneiden und feine Spitzen, das macht sie besonders. Bei industriell produzierten Werkzeugen ist diese Formgebung schwierig, denn durch die Herstellungsverfahren sind Grenzen gesetzt. Die feine Arbeit muss von Hand ausgeführt werden, das geht mit Maschinen nicht, die hören bei einem gewissen Durchmesser auf.

Was macht die Handarbeit aus?

Industriell gefertigtes Werkzeug ist gröber. Wenn ich ein Werkzeug mache, fühle ich von Hand und sehe das Endprodukt. Industriemaschinen sehen halt nicht. Da kannst du noch so viele Sensoren anbringen, die Maschine hat lange nicht das Gefühl, das der Mensch hat.

Ich kann z.B. beim Schleifen noch Korrekturen vornehmen und die Spitzform noch etwas schlanker oder gedrungener gestalten – es spielt sich alles zwischen den Händen und den Augen ab, beim Schmieden auch im Gehör. Der Amboss muss singen, der singt mir immer ein Lied, wenn ich schmiede. Wenn du das Lied deines Ambosses nicht hörst, weißt du, es ist etwas falsch. Wenn man Freiform schmiedet, wird alles von freier Hand ausgezogen und gebreitet und letztendlich ausgedünnt und gereckt.

Bei den Zahneisen werden die Zähne nach Augenmaß gearbeitet, da wird nichts vorgemessen. Ich kann auf den Millimeter genau schmieden. Das ist natürlich nicht einfach Talent, sondern sehr viel Erfahrung, weil wir immer mit dem glühenden Material zu tun hatten. Das ist eine Fertigkeit, die in Fleisch und Blut übergegangen ist, das Gehirn hat alles abspeichert. Da brauch ich keinen Computer und keine Zeichnung, da brauch ich nur mein Auge.

Das Zahneisen ist wahrscheinlich das aufwendigste Werkzeug in der Herstellung?

Ja, das Zahneisen ist eines der aufwendigsten – wenn es hochwertig ist. Zahneisen, so wie wir sie fertigen, macht kein anderer mehr. Je mehr Zähne es sind und je feiner und filigraner die Zähne, umso schwieriger wird’s mit der Herstellung. Das Material wird glühend bearbeitet, nicht im Kaltverfahren. Dafür benötigt man Spezialmaschinen und -werkzeuge, die sehr teuer sind und mit denen man sehr pfleglich umgehen muss.

Was für ein Ausgangsmaterial benutzt ihr für eure Werkzeuge?

Die Stähle für die Werkzeuge lasse ich extra herstellen. Die Qualität des Vormaterials ist vollkommen auf das Werkzeug abgestimmt, das wir schmieden wollen. Wir haben einen jahrelangen Erfahrungsschatz, deshalb haben wir uns für genau dieses Material für unsere Eisen entschieden.

Was sind denn die einzelnen Arbeitsschritte, wenn du ein Werkzeug schmiedest?

Es geht los mit dem Ablängen des Stahls. Danach kommt die Vorbereitung, zum Beispiel das Entgraten. Anschließend kommen die abgelängten Teile ins Kohlefeuer, das bei mir eine Kapazität von 1500 Grad hat. Die Teile werden im Schmiedefeuer erhitzt, so zwischen 800 und 1000 Grad, je nach Stärke. Dann wird die Form geschmiedet, spitz, flach, je nachdem was ich brauche. Unter'm Schmiedehammer wird’s grob vorgeschmiedet. Überschüssiges Material wird abgezwickt und das Werkzeug von Hand nochmal in Form gebracht, auch von der Stärke her, je nach Gesteinsart: Beim Marmor ist es gedrungener, das muss dicker bleiben, beim Sandstein muss es fein sein, also wird’s von Hand noch korrigiert und fertiggeschmiedet.

Als nächstes kommen die Schleifprozesse, Schneide, Spitze, je nachdem. Anschließend wird das Material gehärtet. Beim Härtevorgang werden auch die Meißelköpfe gemacht. Es gibt zwei Arten von Köpfen: Der Schlägelkopf wird angedreht, der Klüpfelkopf wird glühend gemacht, da wird das Material hinten gestaucht. Wenn das Werkzeug gehärtet ist, wird es auf der Maschine poliert, also gesäubert. Anschließend wird’s geölt und gestempelt.

Bei den Zahnmeißeln ist das im Prinzip genauso, die werden vorgeschmiedet auf die Grundform, dann werden die Zähne eingeteilt und auf einer Spezialmaschine, die ich selbst gebaut habe, geschnitten. Dann kommen viele kleine Schritte: Die Zähne werden im glühenden Zustand gefertigt, dann wird der Stahl wieder beschliffen, gehärtet, gebürstet, gereinigt, gestempelt, geölt. Zehn Schritte sind es auf alle Fälle.

Wie lange gibt es eure Schmiede schon?

Von meinem Vater weiß ich, dass ich mindestens schon zur zehnten Generation gehöre, nicht immer an demselben Ort, hier sind wir seit 125 Jahren. Es gibt wohl eine Urkunde, in der wir als Schmiedegeschlecht schon 1534 erwähnt wurden, damals als Werkzeug- und Waffenschmiede. Man weiß, dass wir seit Generationen nur Steinmetze und Schmiede waren. Mein Vater hat den Betrieb nach dem Krieg von meinem Großvater übernommen. Er war Philosoph, hat gar nicht so ans Geld gedacht, nur an seine Arbeit. Deshalb haben wir auch nie groß expandiert. Damit ist die kleine Hammerschmiede Eid eigentlich so geblieben, wie's der Großvater vor 125 Jahren begonnen hat.

Wieviele solche Schmieden wie deine gibt es denn noch in Deutschland?

In der Form, wie ich es mache, ist die Eid-Schmiede wahrscheinlich einzigartig, von der Vielseitigkeit, von der filigranen Manufaktur, ich glaube, ich kann mich Manufaktur nennen. Ganz filigrane Meißel haben die anderen nicht. Im mittelschweren Bereich sind wir auch fast einzigartig: handwerklich im Kohlefeuer, nichts industriell, jedes Werkzeug individuell wirklich noch von Hand gefertigt, alles Freiformen, alles noch von der Zange gehalten, durch meine Hände gemacht.

War es für dich immer klar, dass du Schmied werden wolltest?

Der Vater musste uns fast aus der Werkstatt entfernen, so haben wir uns aufgedrängt. Wenn der Vater schnell ins Dorf gefahren ist oder zur Bank, hab ich als Bub schon ums Hauseck gelurt, dann bin ich rein, hab ein Stück Stahl genommen, rein ins Feuer, ein schönes Messer oder eine kleine Schwertklinge gemacht und hab die in der Schule wieder verhökert. Das ist eine andere Zeit gewesen. Das hat uns auch gut gemacht.

Mein Vater war ein extrem guter Schmied, der konnte sehr gut dreidimensional denken, der hat das fertige Stück immer schon vor Augen gehabt. Jeder Schlag, den der Vater gemacht hat, hat die Vollendung gezeigt. Früher haben wir immer 12 Stunden am Stück geschmiedet. 12 Stunden. Jeden Tag. Das geht heute nimmer, das ist klar. Und es war schon immer eine hohe körperliche Belastung.

Inzwischen hab ich schon 55 Jahre als Schmied auf dem Buckel und aufhören möchte ich noch lange nicht. Mein Vater hat 65 Jahre lang geschmiedet. Es gibt bisher auch keinen Nachfolger, der die Schmiede irgendwann übernimmt, das ist ja generell ein großes Problem im Handwerk. So lange ich kann, mache ich das Werkzeug individuell für meine Kunden, in kleinen Stückzahlen, die in der industriellen Produktion ja niemand fertigt.

Wofür steht euer Name, Eid?

Das Eid-Eisen, das kennt man, unsere Kunden sagen immer, es hat eine gewisse Rasse und Qualität. Und wir haben viele Kunden, die schon sehr lange bei uns kaufen: Oft haben die Bildhauer-Schüler und die Steinmetz-Schüler, die ihre Meisterprüfung absolvieren, das Werkzeug für die Prüfung bei uns schmieden lassen - je nach Arbeit, welche Skulptur oder welche Kehlung er aus dem Stein herausschlagen muss. Und die kaufen heute noch bei uns.

Das heißt, ihr macht auch wirklich ganz individuelle Werkzeuge ...

Wenn du sagst, ich brauch jetzt mal diese Breite oder etwas für diese Wölbung oder Kehlung, dann mach ich genau das, wenn du mir das zeichnest. Dann kriegst du genau auf den Millimeter, was du brauchst. Damit kannst du Arbeiten verrichten, die du mit normalen, handelsüblichen Werkzeugen gar nicht ausführen kannst.

Euren Kunden ist es wahrscheinlich wichtig, dass ihre Eisen von euch kommen?

Die Leute, die bei uns kaufen, die uns kennen, sind stolz, dass sie ein Eid-Werkzeug haben, und die arbeiten mit dem Werkzeug auch ganz anders. Wenn wir unsere Eisen an Händler liefern, ist das eher eine anonyme Sache, da weiß ich nicht, wer mit den Werkzeugen arbeitet, wer Freude daran hat oder wie gut er damit umgeht. Manche Leute wissen zum Beispiel nicht, dass man jedes Eisen erst anführen muss - die ersten Schläge muss man ganz leicht machen, anführen nennt man das. So etwas ist mir wichtig. Aber wenn die Künstler selbst mit mir sprechen, wie toll mein Werkzeug ist, freut mich das sehr!

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